Teil 14: Die Catlins
Erstmal Frühstück.
Auf unserem Weg heute nach Dunedin haben wir uns für die südliche Küstenstraße durch die sog. “Catlins” entschieden. Wahrscheinlich sind einige Abschnitte des Weges nicht asphaltiert und mit einem hohen Aufkommen an Touristen ist am Samstag ebenfalls zu rechnen.
Also machen wir erstmal anständig Frühstück. Ich weiß, Ihr lacht Euch zu Hause halb tot, weil wir schon wieder am Essen sind aber so fängt der Tag halt nun mal an. Punkt!
Dann geht es wieder auf den State Highway 1, den wir ja schon abschnittsweise kennen und zurück in Richtung Norden. Nach 19km, kurz vor Invercargill, biegen wir rechts ab und sind nach weiteren 32km in Fortrose. Hier verlassen wir die Hauptstraße, tanken wieder voll (der Schock von Hoikita sitzt uns immer noch im Nacken), und fahren in die Catlins ein.
Von den Maori in den Jahrhunderten zwischen 900 und 1700 besiedelt, sind die Catlins eine Region mit langer Geschichte. Zwar kam James Cook hier schon 1770 vorbei, aber es waren Wal- und Seehundjäger, die 1810 bis 1830 hier als erste siedelten. Den Namen erhielten die Catlins von Edward Cattlin, einem Kapitän zur See, der als erstes hier einen Anspruch auf Landbesitz anmeldete. Das geschah 1840.
Die ersten Europäer siedelten sich Mitte der 1850er an und erbauten die erste Sägemühle. Diese nahm 1865 ihren Betrieb auf. 1880 waren es dann bereits neun Sägewerke in den Catlins und am Owaka-Fluß. Das Geschäft lief so gut, das alleine 1877 107, mit Brettern und Balken beladene Schiffe, für den Hausbau in Dunedin und Christchurch hier ausliefen
Zwischen 1870 und 1880 gab es hier auch die erste landwirtschaftliche Nutzung. Damals waren die Farmen nur 20 bis 80 Hektar groß und mußten mit finanzieller Unterstützung durch die Regierung gekauft werden. Erst ab den frühen 1900er Jahren wurden die Farmen größer und finanziell unabhängig.
Nach dem Ende der Sägemühlen-Ära hat die Nutzung als Weideland bis heute hier Bestand. Und das ist auch unser Eindruck: Die Catlins sind eine einzige, 120km lange Viehweide, nur unterbrochen von ein paar Zäunen.
Waipapa Point.
Als erstes besuchen wir hier, nach 4km Schotterpiste, Waipapa Point und den dort stehenden Leuchtturm. Schroffe Felsformationen, Seehunde, ja sogar Seelöwen soll es hier geben. Auch ist dies der Schauplatz der größten Katastrophe der zivilen Seefahrt Neuseelands.
Am 29. April 1881 lief die S.S. Tararua (ein Dampf-getriebenes Passagierschiff) auf das 13km vor Waipapa Point verlaufende Otara-Riff, sank am nächsten Tag und nahm 131 Seelen mit in ihr feuchtes Grab.
Ob das Wrack noch irgendwo auf dem Meeresgrund liegt, war leider nicht zu erfragen.
Und tatsächlich haben wir Glück und treffen auf einen faulenzenden Seelöwen am Strand. Ausgewachsene Exemplare werden bis zu 2,5m lang. Der Kollege ist relativ ruhig, hat aber immer ein wachsames Auge auf uns. Bis auf ca. 3m kommen wir an ihn ran.
Näher trauen wir uns nicht. Beim Verlassen des Strandes treffen wir dann auf ein Hinweisschild. Erstens soll man sich glücklich schätzen, wenn man einen sieht. Das wäre relativ selten.
Zweitens sollte man mindestens 20m (!) Sicherheitsabstand halten denn Seelöwen beißen heftig zu. Na ja, wahrscheinlich war unserer schon satt für heute.
Curio Bay und der versteinerte Wald.
Anschließend machen wir in Curio Bay Station. Direkt unterhalb des Strands liegt hier der versteinerte Wald im Meer begraben. Vor 180 Millionen Jahren wurde der Wald unter von einer rießigen Ascheschicht bedeckt. Als diese zu schwer wurde, rutschte das Land ab und versank im Meer.
Wenn man die Treppe, die vom Strand nach unten führt, verläßt, fallen einem die versteinerten Baumstämme nicht gleich ins Auge. Man muß schon ein paar Meter über die Felsen klettern. Dann jedoch fallen einem überall die Reste aus grauer Vorzeit auf. Das ganze Areal ist nicht gerade klein und zieht sich um mehrere Landspitzen herum.
Den Besuch im “Petrified Forest” (Versteinerten Wald) sollte man genau planen. Bei Flut ist alles unter Wasser und der Zugang ist entsprechend gesperrt.
Die hier zu sehenden Versteinerungen waren ursprünglich viel besser erhalten, fielen aber mit der Zeit gierigen Souvenier-Räubern zum Opfer. Auch heute werden weiterhin Freiwillige Helfer gesucht, die dieses erhabene Erbe vor solch Greultaten beschützen.
Neuseelands Niagara-Fälle.
Groß kündigt das Schild dieses Weltwunder an. Uns war bisher nicht bewußt, daß auch Neuseeland mit einem solchen Naturschauspiel aufzuwarten hat. Es fällt dann doch auf, daß das Bild auf dem Schild dem Original in Nordamerika wie aus dem Gesicht geschnitten scheint.
Und dann sehen wir sie – und können uns vor Lachen kaum halten. An den “Fällen” steht dann auch ein Hinweis, daß man eine gehörige Portion Humor haben sollte, wenn man hier steht. Wohl, wohl!
Die McLean-Fälle.
Abgeschreckt von der Erfahrung an den “Niagara-Fällen” und von den 40-Minuten Gehzeit bis zu den Fällen, überlegen wir, laufen aber dann doch los. Und es hat sich dieses Mal auch gelohnt.
Die Fallhöhe beträgt gute 20m. Anschließend strömt das Wasser über mehrere Felsterassen und fällt weiter unten noch über zwei weitere Stufen.
Das diese Wasserfälle nicht wirklich bekannt sind, liegt wohl am beschwerlichen Weg dorthin. Den 4km übelster Schotterstraße folgen weitere 20 Minuten Fußweg, der am Ende über wasserbedeckte, schlüpfrige Felsen steil nach oben führt.
Der Fußweg zu den McLean Falls führt, wie sollte es anders sein, wieder durch den “Bush”. Nachdem Ihr den schon mehrfach kennen gelernt habt, und für uns ein Bushwalk inzwischen wie der andere aussieht, schenken wir uns die Bilder davon. Trotzdem war das wieder eine schöne Wanderung durch eine tolle, fremde Natur.
Cathedral Caves (Kathedralen-Höhlen).
Die Kathedralen-Höhlen liegen direkt am Strand und sind nur 2 Stunden vor und 2 Stunden nach dem Wassertiefststand zu erreichen. Zu anderen Zeiten steht das Wasser in den Höhlen. Glücklicherweise haut unser Timing gerade so hin.
Der Abstieg vom Parkplatz nach unten zum Strand zieht sich ewig hin. Dieses Mal sind die angegebenen 20 Minuten nicht übertrieben. Am Strand angekommen, sind es dann weitere fünf Gehminuten bis zu den Höhlen.
Der Eindruck ist mehr als impossant. Wir gehen durch den Eingang der kleineren Höhle bis ganz nach hinten. Mit dem Tosen des aufgewühlten Meeres im Ohr und dem Wissen, daß die Höhle in Kürze zum tödlichen Grab werden wird, ist das ein eigentümliches Gefühl.
Aber ganz hinten scheint Licht durch und man kann die Höhle durch den zweiten, großen Eingang wieder sicher verlassen. Hier schwebt die Felsdecke 30m über uns.
War der Abstieg schon langwierig, müssen wir nun den ganzen Weg wieder hinauf. Da ist mit 20 Minuten nix mehr zu wollen.
Das Postkartenmotiv: Die Purakaunui-Wasserfälle.
Nach weiteren 10km Schotterstraße sind wir dann an einer der Hauptattraktionen angekommen, den Purakaunui Falls.
Angeblich sind das die am meisten fotografierten Wasserfälle der neuseeländischen Südinsel, vielleicht sogar ganz Neuseelands, eventuell gar die der ganzen Welt (steht irgendwo, aber wer weiß solche Sachen eigentlich schon genau).
Zwar beträgt, ähnlich wie bei den McLean Falls, auch hier die Fallhöhe nur 20m. Dennoch gelten die Purakaunui Falls als das Wahrzeichen für Süd-Ostneuseeland schlechthin.
Hier dauert der Abstieg nur zehn Minuten und eine kleine Vorstufe stimmt uns auf das zu Erwartende ein. Auf dem Weg dahin: Bushwalk – wie schon den ganzen Tag heute.
Dann sind wir da und machen auch unser Foto. Komisch, auf dem Postkarten waren immer keine Bäume im Vordergrund. Wo die wohl plötzlich hergekommen sind? Mit diesem Schnappschuß verabschieden wir uns für heute aus den Catlins.
Was es sonst noch zu sehen gäbe.
Inzwischen ist es nach vier Uhr Nachmittags und wir haben immer noch 123km bis Dunedin vor uns. Wir machen uns wieder auf, suchen die geteerte Straße und fahren weiter.
Wer nicht in drei Tagen zurück nach Hause fliegt und etwas flexibler ist, sollte für die Catlins gute drei Tage einplanen. Es lohnt sich.
Gerne hätten wir zum Beispiel noch Jacks Blowhole gesehen. Das ist eine 200m lange Unterwasserröhre in die bei Flut die Brandung gepreßt wird. Die Röhre endet in einer 60m hohen Höhle deren Decke eingebrochen ist. Durch das so entstandene Loch entweicht der Überdruck und reißt Luft und Wasser mit sich. Wir sind jedoch zum Zeitpunkt der Ebbe dort und dann ist halt nichts zu sehen. Andererseits kann man wiederum die Cathedral Caves nur bei Ebbe besichtigen.
Es gäbe da nochSlppe Point (den tatsächlich südlichsten Punkt des Landes), Waipohatu (mit seiner 3-stündigen Wasserfall-Wanderung), das Waikawa Museum, Lake Wilkie, den Papatowai Wald- und Strandwanderweg, die Matal-Wasserfälle, den Catlins-Flußwanderweg, die Wanderwege in Purakaunui Bay und Pounawea, die Surat Bay (benannt nach dem hier 1874 gesunkenen Schiff und bekannt für die Seelöwenkolonie), Cannibal Bay (hat den Namen von Dr. James Hector, einem Geologen der dort menschliche Knochen fand), Nugget Point (und die Brutkolonie der seltenen Gelbaugen-Pinguine), Tunnel Hill (mit dem Fußweg zum handgegrabenen Eisenbahntunnel) sowie Kaka Point.
Die Catlins wären alleine eine Reise wert. Daher haben wir ihnen und dem super schönen Tag, den wir hier verbringen durften, einen eigenen Reisebericht gewidmet. Heute Abend wird wieder gegrillt!
Weiter bis Duniden.
Aber unsere Flüge sind gebucht und so geht es weiter. Gegen 18:20 Uhr kommen wir in Duniden an. Auf dem Weg dahin überfahren wir noch “the Knick” – den “Knick”. Als der State Highway gebaut wurde, waren zwei Bautrupps zu Gange. Der eine arbeitete sich von Norden nach Süden vor und der andere arbeitet dem ersten von Süden nach Norden entgegen. An besagter Stelle trafen sich die beiden Mannschaften um die nördliche und die südliche Autobahn zu verbinden. Die beiden Trupps hatten dabei auch auf den Zentimeter genau gemessen und aufeinander zugehalten.
Allerdings zielte der eine Bautrupp mit der rechten Straßenkante und der andere Bautrupp mit der linken Straßenkante. Über den “Knick” hat sich das ganze Land mehr als einmal auf das Köstlichste amüsiert.
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